Arm-BASIS-Training für schwer betroffene Patienten

Schädigungs-orientiertes Training (Impairment-Oriented Training / IOT ®)

Motorische Rehabilitationsbehandlung kann das Ziel haben, die spezifisch geschädigte Funktion wiederherzustellen, wie z.B. die aktive Bewegungsfähigkeit bei schweren Lähmungen. Eine solche Vorgehensweise vermittelt das von T. Platz entwickelte Konzept des "Schädigungs-orientierten Trainings" (Impairment-oriented Training / IOT ®; www.iotraining.eu). D.h., durch gezielte Trainingsverfahren sollen nach dem Schlüssel-Schloß-Prinzip genau die Funktionen wiederhergestellt werden, die durch einen Schlaganfall geschädigt bzw. beeinträchtigt sind.

Was ist das Ziel des Arm-BASIS-Training?

Bei schwergradigen zentralen Paresen steht der Verlust der selektiven Innervationsfähigkeit im Vordergrund der funktionell relevanten Armfunktionsstörung. D.h., bei schweren Lähmungen können die einzelnen Muskeln entweder gar nicht mehr aktiviert werden, oder aber nicht mehr einzeln und gezielt. Ziel der Behandlung bei schwerer Lähmung sollte demnach die Wiedererlangung dieser Basis-Kompetenz 'selektive Innervation' für die verschiedenen Freiheitsgrade des Armes sein. Was heißt das?


Ziel der Therapie bei schwerer Lähmung nach einem Schlaganfall sollte es sein, wieder alle Muskelgruppen im Arm zu aktivieren und zwar so, dass sie einzeln und gezielt angesteuert werden können.
 
Unsere 'gesunden' Armbewegungen sind sehr komplex und erfordern ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Muskeln. Deswegen werden Armbewegungen erst wieder gut gelingen, wenn viele Muskelgruppen im Arm gezielt bei Bewegungen aktiviert werden können. Diese Kompetenz wiederzuerlangen, ist jedoch nicht als primäres Ziel der derzeit gebräuchlichen physiotherapeutischen Verfahren erkennbar. Erste ermutigende Ergebnisse bei der gelähmten Hand (z.B. repetitives Handtraining, EMG-getriggerte Elektrostimulation) sprechen dafür, dass das repetitive (wiederholende) Training gezielter Muskelaktivierung eine wirksame Trainingsstruktur bei der schwergradigen Lähmungen darstellen könnte.

Das von C. Eickhof entwickelte Arm-BASIS-Training beübt systematisch und repetitiv (wiederholend) alle möglichen Armbewegungen. Denn nur wenn alle Bewegungsmöglichkeiten des Armes (z.B. Schultergelenksbewegungen, Ellenbogengelenksbewegungen, Handgelenksbewegungen, Fingerbewegungen) wieder möglich sind, kann der Arm optimal im Alltag eingesetzt werden.

Beim Arm-BASIS-Training wird zunächst dokumentiert, welche Bewegungen im Arm in den einzelnen Gelenken schon aktiv möglich sind. Das Training erfolgt dann über Wochen bis Monate in 3 Stufen.

Stufe 1 des Trainings: Zu Beginn werden alle Bewegungsmöglichkeiten jeden Tag wiederholt beübt. Dabei wird darauf geachtet, dass der (die) Patient(in) lernt, gezielt jeden einzelnen Abschnitt des Armes selektiv, d.h. isoliert, zu bewegen und zwar über das volle Bewegungsmaß im beübten Gelenk. Dabei braucht der (die)  Patient(in) das Gewicht seines (ihres) Armes nicht zu halten. Es kommt zunächst nur auf die Bewegung an.

Stufe 2: Erst, wenn die einzelnen Bewegungen gelingen wird auch so geübt, dass der (die) Patient(in) lernt, auch das Gewicht des Armes bei Bewegungen zu halten.

Stufe 3: Zuletzt werden solche Bewegungen geübt, bei denen mehrere Gelenke gleichzeitig bewegt oder gehalten werden müssen. Z.B., wenn der Arm in der Schulter und Ellenbogen gehalten werden und gleichzeitig eine Fingerbewegung gemacht wird.

Ist das Arm-BASIS-Training wirksam?

Unter Leitung des Autors erfolgte eine größere klinische Studie zur Wirksamkeitsprüfung. Es handelt sich dabei um eine einfach blinde, randomisierte kontrollierte Studie, bei der die Wirksamkeitkeit des Arm-BASIS-Training untersucht wird und mit der Wirksamkeit einer gleich intensiven Armbehandlung nach dem Bobath-Konzept, einem Goldstandard der Physiotherapie nach Schlaganfall, oder einer weniger intensiven Armrehabilitation verglichen wurde. Insgesamt nahmen 60 Patienten nach einem Schlaganfall aus mehreren Kliniken an der Studie teil. Die Patienten, die das Arm-BASIS-Training über 4 Wochen erhielten, konnten größere Zugewinne an aktiver Bewegungsfähigkeit des gelähmten Armes erreichen (Platz et al., 2005).

Das Arm-BASIS-Training ist also wirksam, wenn es darum geht, bei schweren Armlähmungen die Bewegungsfähigkeit zu verbessern.

Bei Patienten, die das Arm-BASIS-Training erhielten, konnten nach 4 Wochen Therapie auch Hinweise auf eine systematische Reorganisation im Gehirn beobachtet werden. Es könnte also sein, dass das Training die Reorganisation des Gehirns fördert (Platz et al., 2005).
 

Die Studien wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt.

Ausgewählte Literatur

Artikel

Eickhof C. Das systematische repetitive Basistraining. In K Minkwitz und T Platz (Hrsgb.): Armmotorik nach Schlaganfall - Neue Ansätze für Assessment und Therapie. Schulz-Kirchner Verlag, Idstein 2001, S. 97 - 111.

Platz T. Imapirment-orineted Training (IOT) - scientific concept and evidence-based treatment strategies. Restorative Neurology and Neuroscience, 22:301-315, 2004.

Platz T. Schädigungsorientiertes Training (Impairment Oriented Training - IOT) für zentrale Armlähmungen. In K Minkwitz, E Scholz (Hrsg.): Standardisierte Therapieverfahren und Grundlagen des Lernens in der Neurologie. Schulz-Kirchner, Idstein, 2005, S. 41-47.

Platz T, van Kaick S, Möller L, Freund S, Winter T, and Kim I-H. Impairment-oriented training and adaptive motor cortex reorganisation after stroke: a fTMS study. J Neurol, online publication at http://dx.doi.org/10.1007/s00415-005-0868-y, 2005.

Platz T, Eickhof C, van Kaick S, Engel U, Pinkowski C, Kalok S, and Pause M.. Impairment-oriented training or Bobath therapy for arm paresis after stroke: a single blind, multi-centre randomized controlled trial. Clin Rehabil, 2005; 19:714-724

 

Bücher

Eickhof C. Die Grundlagen der Therapie bei erworbenen Lähmungen. Pflaum Verlag, München, 2001.

Platz T. IOT Impairment-Oriented Training®. Schädigungs-orientiertes Training. Theorie und deutschsprachige Manuale für Therapie und Assessment. Arm-BASIS-Training®, Arm-Fähigkeits-Training®, Fugl-Meyer test (Arm), TEMPA. Deutscher Wissenschafts-Verlag (DWV), Baden-Baden, 2006.

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