EMG-getriggerte Elektrostimulation

Wie sieht das Training aus?

Repetitives (wiederholtes) Training führt zu einer Stärkung von Bewegungsrepräsentationen im Gehirn. D.h., wenn wir Bewegungen immer wieder wiederholen, dann werden im Gehirn die Gedächtnisspuren für diese Bewegungen stärker. Ähnliches kann für die Methode der EMG-getriggerten Elektrostimulation angenommen werden, bei der ebenfalls repetitiv geübt wird. Dabei werden geringe, für einen Bewegungseffekt eventuell noch nicht ausreichende Muskelaktivierungen technisch zu einer großamplitudigen Bewegung umgesetzt.

Was heißt das? Patienten mit einer Lähmung können zum Teil schon gering die gelähmte Muskulatur aktivieren (innervieren), ohne dass dies von außen als Bewegung sichtbar werden muss. Elektroden, die über dem Muskel angebracht sind, können diese geringe Aktivität aber registrieren.

Bei der EMG-getriggerten Elektrostimulation wird der Muskel immer dann elektrisch stimuliert, wenn der Patient eine auch nur geringe Aktivität im Muskel erzeugt. Durch die elektrische Stimulation wird dann ein großer Bewegungseffekt erzielt. Dabei erhält das Gehirn eine größere Rückmeldung über die Bewegung als ohne die Elektrostimulation. Das hilft dem Gehirn möglicher Weise, den beübten Muskel besser an zu steuern und damit dem Patienten, der regelmäßig mit dem Gerät trainiert, seine Lähmung zu überwinden.

Voraussetzungen für die Therapie sind aus unserer Erfahrung:

dass die beübte Muskulatur zumindest gering aktiviert werden kann (keine komplette Lähmung vorliegt),
dass keine zu starke Spastik vorliegt,
dass keine nennenswerte Gelenksversteifung (Kontraktur) vorliegt,
dass die Therapie zumindest anfänglich gemeinsam mit einem in der Behandlung von Schlaganfall-Patienten und der Therapieform erfahrenen Therapeuten stattfindet, idealer Weise in einer Klinik.

Ist die Therapie wirksam?

Die Wirksamkeit der Behandlungsform konnte nachgewiesen werden. In fünf beispielhaft zitierten Studien (Cauraugh and Kim, 2003; Chawla et al, 1995; Hummelsheim et al., 1996; Kraft et al., 1992; Mokrusch et al., 1997) wurden Therapieerfolge bei Anwendung der Muskelaktivität-abhängigen Elektrostimulation beobachtet, die gleich groß oder größer waren als andere Behandlungen, die zum Vergleich herangezogen wurden. Behandlungserfolge wurden sowohl bei mittelgradigen als auch bei schwergradigen (aber nicht vollständigen) Lähmungen erzielt, sowohl im postakuten als auch chronischen Stadium, die Behandlungserfolge scheinen zumindest über Monate anzuhalten.

Eine systematische Literaturbewertung aus dem Jahre 2002, bei der 6 randomisierte kontrollierte Studien berücksichtigt wurden (de Kroon et al., 2002), fand, dass die motorische Kontrolle (die aktive Bewegungsfähigkeit) durch die funktionelle Elektrostimulation verbessert werden konnte. (Hier wurde auch eine funktionelle Elektrostimulation ohne EMG-Triggerung berücksichtigt.) Die Datenlage reichte nicht aus, um zu beurteilen, ob auch ein funktioneller (alltagsrelevanter) Therapieeffekt erzielt werden kann.

Ausgewählte Literatur

Cauraugh JH, Kim S (2002) Two coupled motor recovery protocols are better than one: electromyogram-triggered neuromuscular stimulation and bilateral movements. Stroke 33: 1589-1594

Chawla H, Francisco G, Chae J, Zorowitz RD, and Kirshblim S. Efficacy of electromyography-triggered functional electrical stimulation in enhancing motor recovery of stroke survivors - a pilot study. Arch Phys Med Rehabil 76:1033, 1995.

Hummelsheim H, Amberger S, and Mauritz KH. The influence of EMG-initiated electrical muscle stimulation on motor recovery of the centrally paretic hand. European Journal of Neurology 3:245-254, 1996.

Kraft GH, Fitts SS, and Hammond MC. Techniques to improve function of the arm and hand in chronic hemiplegia. Arch Phys Med Rehabil 73:220-227, 1992.

Mokrusch T. Behandlung der hirninfarktbedingten spastischen Hemiparese mit EMG-getriggerter Elektrostimulation. Neurol Rehabil 2:82-86, 1997.

De Kroon JR, van der Lee, JH, Ijzerman MJ, Lankhorst GJ. Therpeutic electrical stimulation to improve motor control and functional abilities of the upper extremity after stroke: a systematic review. Clin Rehabil 16:350-360, 2002.

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