Medikamente

Medikamente, die die motorische Erholung eventuell fördern können

Manche Medikamente können die motorische Erholung eventuell fördern:
Amphetamin
Methylphenidat
L-Dopa

Amphetamin

Amphetamin konnte in Untersuchungen mit Tieren die Erholung der motorischen Funktionen nach Hirnschädigungen beschleunigen; die stärksten Verbesserungen motorischer Funktionen wurden beobachtet, wenn Training mit Amphetamin-Gabe kombiniert wurde (Feeney et al., 1982; Honda & Feeney, 1984; Goldstein & Davis, 1990). Auch in ersten kleineren kontrollierten klinischen Studien, d.h. in Studien mit Schlaganfall-Patienten, konnte Amphetamin in Kombination mit physiotherapeutischer Behandlung zu einer deutlicheren Verbesserung motorischer Leistungen führen als die Kombination von Physiotherapie und Placebo-Gabe (Tablette ohne Wirkstoff) (Crisostomo et al. 1988; Walker-Batson et al., 1995); die Vorteile blieben auch längerfristig bestehen (Walker-Batson et al., 1995). Eine Metaanalyse (mit Daten von 95 Patienten aus 4 Studien) ergab einen bessre motorischen Erholung (gemessen mit dem Fugl-Meyer-Test) nach d-Amphetamingabe im Vergleich zu Placebo (Martinsson et al., 2004).

Es gibt aber auch andere klinische Studien, in denen keine Verbesserung der motorischen Erholung bei Schlaganfall-Patienten durch eine Amphetamin-Medikation erreicht werden konnte (Sonde et al., 2001; Treig et al., 2003; Platz et al., 2005).

Auch sei angemerkt, dass Amphetamin in Deutschland nicht zugelassen und deswegen (außerhalb von genehmigten Studien) nicht verordnet werden darf !


Methylphenidat

Ein weiteres Psychostimulanz, Methylphenidat, hat sich in einer kleinen randomisierten, kontrollierten Studie ebenfalls als die Funktionserholung fördernd erwiesen (Grade et al., 1998): 21 Schlaganfall-Patienten erhielten für bis zu drei Wochen Methylphenidat in der postakuten Krankheitsphase (maximal 2 x täglich 30 mg). Gegen über der Placebo-Behandlung (Tabletten ohne Wirkstoff), hatten Patienten, die Methylphenidat erhielten, nach der Behandlung geringere Depression-Scores (Hamilton Skala, p=0.028; Zung Skala, p=0.055), größere Unabhängigkeit im Alltag (modifizierte FIM Skala, p=0.032) und zumindest tendenziell bessere motorische Funktionen (Fugl-Meyer, p=0.075).

Auch diese Ergebnisse sind ermutigend. Es sei aber darauf hingewiesen, dass das Medikament Methylphenidat in Deutschland nicht für die Behandlung von Schlaganfall-Patienten zugelassen ist.

Die Ergebnisse sind also ermutigend, aber derzeit für die Behandlung noch nicht maßgebend. Die genannten Medikamente sind nicht für die Behandlung von Schlaganfall-Patienten zugelassen. Für die Zukunft kann jedoch damit gerechnet werden, dass die motorische Rehabilitation auch einmal mit geeigneten Medikamenten unterstützt werden kann.

L-Dopa

Dieses Medikament wird seit vielen Jahren in der Behandlung von Parkinson-Patienten eingesetzt. In einer klinischen Studie konnte aber gezeigt werden, dass auch Schlaganfall-Patienten von einer Medikation mit L-Dopa profitieren können.

Das Medikament wurde jeweils vor der Physiotherapie (Krankengymnastik) gegeben. In die Studie aufgenommen wurden Patienten, deren Schlaganfall zwischen 3 Wochen und 6 Monaten zurücklag. Im Rahmen der Studie (randomisert, kontrolliert, doppel-blind) erhielten 53 Schlaganfall-Patienten für 3 Wochen morgens entweder 100 mg L-Dopa (+Decarboxylase-Inhibitor) oder ein Placebo (Medikament ohne Wirkstoff). Alle Patienten erhielten zudem täglich 1 Stunde Physiotherapie (Krankengymnastik), die Medikation erfolgte mindestens 30 Minuten vorher. 47 Patienten schlossen die Studie ab. Sowohl unmittelbar nach diesen 3 Wochen, als auch nach weiteren drei Wochen (dann ohne das Medikament), zeigten die Patienten, die L-Dopa erhielten, stärkere motorische Fortschritte als die Kontrollgruppe (Rivermead Motor Assessment p<0,004 und p=0,020). Das Medikament wurde von den Patienten gut vertragen: Kein Patient brach die Studie wegen Nebenwirkungen ab, ein Patient beklagte Übelkeit.

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass L-Dopa in Kombination mit Physiotherapie die motorische Erholung nach einem Schlaganfall unterstützen kann.

Medikamente, die die motorische Erholung eventuell bremsen können

Die Funktionserholung kann eventuell auch negativ durch Medikamente beeinflusst werden, wie dies tierexperimentell nahe gelegt und für Schlaganfall-Patienten vermutet wird.

In einer Studie hatten Patienten, die eventuell nachteilige Medikamente erhielten (N=37), bei einer Verlaufsbeobachtung von knapp 3 Monaten eine schlechtere Armfunktionserholung als Patienten, die solche Medikamente nicht erhielten (N=59) (Goldstein et al., 1995). Zu den eventuell nachteiligen Medikamenten gehörten Clonidin und Prazosin, Neuroleptika und andere Dopaminrezeptor-Antagonisten, Benzodiazepine sowie die Antikonvulsiva Phenytoin und Phenobarbital.

Ein nachteiliger Effekt einiger Medikamente ist demnach möglich, ist aber mit der genannten Studie auch nicht sicher nachgewiesen. Patienten, die eines der genannten Medikamente verordnet bekommen, sollten sie keinesfalls ohne Rücksprache mit ihrem Arzt absetzen.

Medikamente zur Behandlung von Depressionen

Ein weiteres Thema, das für die motorische Wiederherstellung relevant ist, ist das Thema "Depression". Nicht wenige Schlaganfall-Patienten leiden an Depression, nämlich mindestens 25 %, d.h. mindestens jeder vierte Patient.
In einer italienische Studie (Gainotti und Koautoren, 2001) konnte gezeigt werden, dass Patienten mit Schlaganfall, die an einer Depression leiden, von medikamentöser Behandlung profitieren. Und zwar verbesserte die Behandlung mit einem Antidepressivum (hier ein so genannter Serotonin-Reuptake-Hemmer) nicht nur die Depression. Vielmehr zeigten die Patienten mit behandelter Depression auch eine bessere motorische Erholung als Patienten, deren Depression nicht medikamentös behandelt wurde. Ähnliches wurde auch von einer niederländischen Arbeitsgruppe beobachtet (van de Weg et al., 1999).

Die Behandlung einer Depression nach Schlaganfall mit einem Antidepressivum (Serotonin-Reuptake-Hemmer) scheint nicht nur bezüglich der Depression wirksam zu sein, sondern könnte evtl. auch die motorische Erholung fördern.

Ausgewählte Literatur

Crisostomo EA, Duncan PW, Probst M, Dawson DV, Davis JN. Evidence that amphetamine with physical therapy promotes recovery of motor function in stroke patients. Ann Neurol 23:94-97, 1988.

Feeney DM, Gonzalez A, Law W. Amphetamine, haloperidol and experience interact to affect rate of recovery after motor cortex injury. Science 217:855-857,1982.

Gainotti G, Antonucci G, Marra C, and Paolucci S. Relation between depression after stroke, antidepressant therapy, and functional recovery. JNNP 71:258-261, 2001.

Goldstein LB and Davis JN. Post-lesion practice and amphetamine-facilitated recovery of beam-walking in the rat. Restor Neurol Neurosci 2:311-314, 1990.

Goldstein LB and the Syngen in Acute Stroke Study Investigators. Common drugs may influence motor recovery after stroke. Neurology 45:865-871, 1995.

Grade C, Redford B, Chrostowski J, Toussaint L, and Blackwell B. Methylphenidate in early poststroke recovery: a double-blind, placebo-controlled study. Arch Phys Med Rehabil 79:1047-1050, 1998.

Honda DA, Feeney DM. Amphetamine and experience promote recovery of locomotor function after unilateral frontal cortex injury in the cat. Brain Res 298:358-361, 1984.

Martinsson L, Wahlgren NG, Hardemark H-G. Amphetamines for improving recovery after stroke (Cochrane Review). In: The Cochrane Library, Issue 1, 2004. Chichester, UK: John Wiley & Sons, Ltd.

Platz T, Kim I-H, Engel U, Pinkowski C, Eickhof C, and Kutzner M. Amphetamine fails to facilitate motor performance and to enhance motor recovery among stroke patients with mild arm paresis: interim analysis and termination of a double blind, randomised, placebo-controlled trial. Restorative Neurology and Neuroscience 23:271-280, 2005.

Scheidtmann K, Fries W, Müller F, König E. Effect of levodopa in combination with physiotherapy on functional motor recovery after stroke: a prospective, randomised, double-blind study. Lancet 358:787-790, 2001.

Sonde L, Nordstrom M, Nilsson CG, Lokk J, Viitanen M. A double-blind placebo-controlled study of the effects of amphetamine and physiotherapy after stroke. Cerebrovasc.Dis. 2001; 12: 253-7.

Treig T, Werner C, Sachse M, Hesse S. No benefit from D-amphetamine when added to physiotherapy after stroke: a randomized, placebo-controlled study. Clin.Rehabil. 2003; 17: 590-9.

Walker-Batson DW, Smith P, Curtis S, Unwin H, Greenlee R. Amphetamine paired with physical therapy accelerates motor recovery after stroke. Stroke 26:2254-2259, 1995.

van de Weg FB, Kuik DJ, and Lankhorst GJ, Post-stroke depression and functional outcome: a cohort study investigating the influence of depression on functional recovery from stroke, Clinical Rehabilitation 13:268-272, 1999.

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