Projekt: „Genetik lakunärer Hirninfarkte“

Hintergrund

Rauchen, zu wenig Bewegung, falsche Ernährung – das sind bekannte, vermeidbare Risikofaktoren. Aber es gibt auch genetische Faktoren, die das Schlaganfallrisiko erhöhen. Der lakunäre Hirninfarkt zum Beispiel ist eine häufige Form des Hirninfarkts, etwa 120.000 Patienten sind jährlich davon betroffen. Auslöser dieser kleinen Infarkte (auch Lakunen genannt) sind verschlossene kleinste Hirngefäße. Das Tückische daran: Lakunäre Hirninfarkte bleiben oft zunächst unbemerkt, bis beim Betroffenen – meist durch die Summe der kleinen Infarkte – erstmals Symptome auftreten. Das können beispielsweise plötzliche einseitige Lähmungen oder Gefühlsstörungen, oder auch undeutliches Sprechen sein. Es wird angenommen, dass erbliche Veranlagung das Risiko für einen solchen Hirninfarkt erhöht. Welche Gene dabei eine Rolle spielen, ist bislang jedoch noch unklar.

Ziele

Ziel des Kompetenznetz-Projektes ist es, Gene zu identifizieren, welche das Risiko eines lakunären Schlaganfalls erhöhen. Langfristig sollen so rechtzeitig Risikofaktoren erkannt und Strategien entwickelt werden, um für gesunde Menschen mit genetisch erhöhtem Schlaganfallrisiko die vorbeugende Behandlung (Primärprävention) zu verbessern.

Vorgehensweise

Um mitverantwortliche Gene für lakunäre Infarkte zu finden, untersucht ein Forscherteam um Professor Peter Marx vom Universitätsklinikum Benjamin Franklin und Juniorprofessor Norbert Hübner vom Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in Berlin das Erbgut betroffener Geschwisterpaare.

Dabei werden Geschwister von Patienten mittels der Kernspintomografie auf bereits ähnliche (mikroangiopathische) Veränderungen im Gehirn durchleuchtet, selbst wenn diese Läsionen bisher keine Beschwerden verursacht haben. Es wird angenommen, dass sich solche – bisher klinisch „stumme“ – Läsionen in ihrer Ursache nicht von den symptomatisch gewordenen unterscheiden.

Entscheidend für die Forscher ist das Aufspüren gemeinsamer Veränderungen im Erbgut jener Geschwisterpaare („affected sib-pair analysis“), bei denen sowohl der Patient als auch das Geschwister Läsionen im Gehirn aufweisen. Dabei werden chromosomale Regionen, die eine Assoziation zum Schlaganfall aufweisen, durch weitere Spezialuntersuchungen (PCR-Markeranalysen) näher analysiert, um letztlich den verantwortlichen Genen auf die Spur zu kommen.

Um allgemeingültige Ergebnisse zu erhalten, müssen die Wissenschaftler eine große Anzahl betroffener Geschwisterpaare in ihre Studie einbeziehen. Von zentraler Bedeutung sind daher die Zusammenarbeit mit anderen Kliniken sowie der Aufbau einer gemeinsamen genetischen Daten- und Materialbank der Genetikgruppen am Max-Delbrück-Zentrum in Berlin Buch.

Erste Ergebnisse

Bisher nahmen 134 Geschwisterpaare und mehr als 200 Patienten ohne Geschwister an der Studie teil. Dabei fanden die Forscher einen starken Hinweis auf einen genetischen Einfluss beim Entstehen mikroangiopathischer Hirninfarkte. Denn unter den 134 Geschwisterpaaren fanden sich 59 Paare, bei denen beide Geschwister von Lakunen betroffen waren. Damit war die Häufigkeit lakunärer Läsionen bei Geschwistern der Schlaganfallspatienten etwa zweimal so hoch wie bei einer Kontrollgruppe gleichen Alters (Leistner et al., in Vorbereitung). Und noch eines fanden die Forscher: Meist scheinen mehrere genetische Veränderungen mit einem erhöhten Infarktrisiko verknüpft zu sein. Sehr selten kommt dagegen ein einzelner Gendefekt als alleinige Ursache eines lakunären Hirninfarkts in Frage.

Projektleiter

Prof. Dr. med. Norbert Hübner
Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin
Robert-Rössle-Str. 10
13092 Berlin
Tel.: +49-30 / 9406-2530
Fax: +49-30 / 9406-3382
E-Mail

Prof. Dr. med. Peter Marx
Charité – Campus Benjamin Franklin
Klinik und Hochschulambulanz für Neurologie
Hindenburgdamm 30,
12200 Berlin

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