Projekt: „Berliner-Akuter-Schlaganfall-Studie - BASS“

Hintergrund

Der Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache und die häufigste Ursache für erworbene Behinderungen im Erwachsenalter in Deutschland. Viele Patienten sind nach einem Schlaganfall auf fremde Hilfe angewiesen. Eine spezielle Therapie kann jedoch oft wesentliche Schäden verringern oder gar den Tod verhindern. Der Erfolg der Therapie ist aber zeitabhängig. Je weniger Zeit zwischen dem Schlaganfallereignis und der Therapieeinleitung verstreicht, desto größer ist der Therapienutzen. Entscheidend für das Überleben der Hirnzellen sind eine schnelle Aufnahme in eine geeignete Klinik sowie eine rasch folgende Diagnostik und Behandlung.

Ziele

Die Berliner-Akuter-Schlaganfall-Studie (BASS) hat zum Ziel

  • Schwachstellen in der Versorgungssituation von Patienten mit akutem Schlaganfall aufzudecken und exemplarisch zu verbessern, 
  • die Versorgungssituation der Nachsorge und die Auswirkungen des Schlaganfalls auf die Lebensqualität zu erfassen,
  • den Wissensstand der Bevölkerung zu Risikofaktoren und angemessenen Rettungsmaßnahmen zu dokumentieren und die Bevölkerung aufzuklären.

Vorgehensweise

An vier Berliner Krankenhäusern wurden alle Patienten mit akutem Schlaganfall anhand einer Vielzahl von klinischen, neuroradiologischen, laborchemischen und sozio-demographischen Faktoren sowie ihren subjektiven Eindrücken und individuellen Strategien des Hilfesuchens erfasst. Die Patienten wurden ein, drei und vier Jahre nach dem Schlaganfall zur Nachsorge, der Lebensqualität, dem Auftreten von depressiven Symptomen und der Inanspruchnahme von Ressourcen des Gesundheitssystems anhand von standardisierten Fragebögen befragt. Zusätzlich wurde eine Erhebung zum Wissensstand der Bevölkerung und eine darauf basierende Bevölkerungsaufklärung durchgeführt.

Erste Ergebnisse

Die BASS konnte zahlreiche Faktoren der prä- und intrahospitalen Zeitverzögerung aufzeigen (Rossnagel et al. Ann Emerg Med 2004; 44: 476-83, Jungehulsing et al. Eur J Neurol 2006; in print) und Unterschiede zwischen Patienten mit Schlaganfall und TIA charakterisieren (Nolte et al. Nervenarzt 2005; 76: 1231-8). So zögern Patienten bei leichteren Schlaganfällen zu lange, um Hilfe zu alarmieren. Und dies obwohl gerade bei leichteren Schlaganfällen die Möglichkeit für erfolgreiches medizinisches Eingreifen vergleichbar größer ist, um einen schlimmeren Schlaganfall zu verhindern. Patienten schätzen die Schlaganfallsymptome falsch ein und versäumen, den Rettungsdienst zu alarmieren. Durch den Rettungsdienst (Tel. 112) gelangen Patienten jedoch mit Abstand am schnellsten ins Krankenhaus. Patienten, die nach Bemerken der ersten Beschwerden den Rettungsdienst alarmierten, waren mit 71 Minuten mehr als doppelt so schnell im Krankenhaus, wie Patienten, die nicht diesen Weg wählten.

Neben der Versorgungssituation während des Schlaganfalls liegen in Deutschland bisher auch nur sehr wenige Daten vor, wie es den Patienten nach einem Schlaganfall geht. Diese Daten sind jedoch notwendig, um Belastungen für das Gesundheitssystem und Schwächen der Nachsorge zu erkennen und zu verbessern. Die BASS erhebt deshalb Daten mit dem Ziel, die Lebensqualität und Häufigkeit von Depressionen nach Schlaganfall sowie die Kosten für das Gesundheitssystem zu erfassen. Patienten und Angehörige wurden befragt, die ein, drei und vier Jahre zuvor einen Schlaganfall erlitten hatten. So entstehen Datengrundlagen auf denen gezielte Verbesserungen geplant und aufgebaut werden können (Muller-Nordhorn et al. Stroke 2006; 37 (4): 946; Rossnagel et al. Eur J Neurol. 2005; 12: 862-8). Das Auftreten einer Depression nach einem Schlaganfall lag in der untersuchten Kohorte bei 20%. Die große Mehrheit dieser Patienten wurde jedoch nicht behandelt. Möglicherweise liegt eine Ursache darin, dass diese Depressionen unentdeckt blieben. Die BASS entwickelt deshalb auch Instrumente, um die Diagnose dieser so genannten post-Schlaganfall Depression zu verbessern (Nolte et al. Fortschr Neurol Psychiatr 2006 in print).

Bereits die Analyse der ersten BASS-Erhebung hatte zeigen können, dass bei bestimmten Risikogruppen Geschlechtsunterschiede im Wissensstand der Patienten zu den Risiken und richtigem Handeln beim Schlaganfall bestehen. Frauen sind in dieser Risikogruppe besser informiert als Männer (Nolte et al. Prev Med. 2005; 41: 226-319). Auf dem Boden der im Vorfeld gewonnenen Erkenntnisse wurde eine Aufklärungskampagne gestartet, in der über 75.000 Haushalte Berlins mit besonders gefährdeten Bürgern angeschrieben wurden. Die Auswirkung dieser Aufklärungskampagne auf die prähospitale Verzögerungszeit ist Gegenstand derzeitiger Untersuchungen. Die Forschungsergebnisse zeigten auch, dass Patienten ihre Informationen vor allem aus den Massenmedien beziehen. Die in der Bevölkerung bekanntesten Risikofaktoren für den Schlaganfall sind hoher Blutdruck und Rauchen, während Diabetes und Herzerkrankungen als Risikofaktoren weniger gut bekannt sind. Die wichtige Beziehung zwischen Herz und Hirn, die Kenntnis, dass ein Schlaganfall – also ein Hirninfarkt – sehr ähnliche Ursachen haben kann wie der Herzinfarkt, ist in der Bevölkerung nicht weit verbreitet (Muller-Nordhorn et al. Stroke 2006; 37 (4): 946).

Projektleiter

Dr. med. Gerhard Jan Jungehülsing
Universitätsklinikum Charité - Campus Mitte
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Charitéplatz 1
10117 Berlin
Tel.: +49-30 / 450 560 145
Fax: +49-30 / 450 560 952
E-Mail

Dr. med. Christian H. Nolte
Universitätsklinikum Charité - Campus Mitte
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Charitéplatz 1
10117 Berlin
Tel.: +49-30 / 450 560 145
Fax: +49-30 / 450 560 952
E-Mail

Dr. rer. nat. Karin Rossnagel
Universitätsklinikum Charité - Campus Mitte
Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie
Luisenstr. 57
10117 Berlin
Tel.: +49-30 / 450 529 024
Fax: +49-30 / 450 529 902
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